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Arbeiten mit der Graukarte

August 28th, 2000 - 09:01:12 PM:

Graukarten sind ein sehr einfaches und wirkungsvolles Hilfsmittel, um eine korrekte Belichtung zu erreichen.

Im Grunde hängt eine „korrekte” Belichtung nur von drei Faktoren ab: Vom Licht, das auf das Motiv trifft, von den optischen Geräten zwischen Motiv und Film, die das Licht abschwächen, und von der Empfindlichkeit des Films. Insbesondere ist die Belichtung nicht von der Helligkeit bzw. Reflektivität des Motivs abhängig!

Bei einer Spiegelreflex-Kamera funktioniert die Belichtungsmessung folgendermaßen: Das Licht fällt durch Filter und Objektiv auf ein oder mehrere Messfelder des Belichtungsmessers. Dieser wählt nun Zeit und/oder Blende so, dass das Bild bei der gegebenen Filmempfindlichkeit durchschnittlich hell („grau”) erscheint. Bei Motiven mit ausgewogener Helligkeitsverteilung funktioniert das sehr gut. Probleme gibt es, wenn große Bildanteile sehr dunkel oder sehr hell sind. Der Belichtungsmesser sieht nämlich nur das Licht, das vom Motiv reflektiert wird und nicht das eigentliche Umgebungslicht. Die Kamera kann also nicht unterscheiden, ob das Motiv oder nur das Umgebungslicht sehr dunkel oder sehr hell ist. So kann es sein, dass eine weiße Wand auf dem Bild zu dunkel (eben „grau”) oder ein schwarzes Klavier zu hell („grau”) erscheint. Die Kamera weiß nicht, dass das Klavier schwarz ist und die Wand weiß (auch Kameras, die sich mit sagenhaften Features wie „3D-RGB-Color-Messung” schmücken, können das genauso wenig!). Man muss nun selbst eine solche Situation erkennen und die Belichtung von Hand korrigieren, also bei dunklen Motiven nach unten und bei hellen nach oben. Der Grad der Korrektur kann schwierig werden. Ist das Motiv nun „ziemlich dunkel”, „sehr dunkel” oder sogar „praktisch schwarz”?

Abhilfe schafft die Graukarte. Diese reflektiert ziemlich genau 18% des Umgebungslichts, was genau der Eichung der Belichtungsmesser entspricht. Wenn man also diese Graukarte fotografieren würde, dann wäre das Bild exakt genauso grau wie die Karte. Mit der Graukarte kann man also indirekt das Umgebungslicht messen.

Und so arbeitet man mit der Graukarte: Man richtet seine Kamera wie gewohnt aus, wählt also Perspektive, Abstand, Brennweite, Blende/Zeit, Filter usw. Dann hält man die Graukarte vor das Motiv und misst damit die Belichtung. Dabei muss die Graukarte immer alle relevanten Messfelder abdecken. Man hält also die Karte recht nahe an die Kamera oder verwendet die Spot-Messung. Dabei sollte die Karte weiterhin im gleichen Licht stehen wie das Motiv. Wenn also die Kamera im Schatten steht und das Motiv in einem Lichtspot, dann würde man das falsche Licht messen! Hier müsste man also die Kamera zur Karte bewegen und nicht umgekehrt, was sehr umständlich ist. Eine Spotmessung ist also ein sehr nützliches Werkzeug.

Die Karte sollte man senkrecht zur Aufnahmerichtung halten, also parallel zum Film. Die Bildschärfe bei der Messung ist nicht relevant, denn man ist ja nur an der Helligkeit interessiert. Im Gegenteil, man darf sogar die Schärfe nicht verändern, denn gerade im Makrobereich würde man damit auch den Auszug und damit die Helligkeit des Bildes verändern.

Die so gemessene Belichtung speichert man (oder man verwendet die manuelle Belichtungseinstellung, wenn man keinen Belichtungsspeicher hat) und belichtet damit den Film mit dem eigentlichen Motiv. Eine Belichtungskorrektur darf man dabei nicht verwenden.

Alternativen

Alternative zur Graukarte ist ein Handbelichtungsmesser. Dieser misst ebenfalls das Umgebungslicht. Leider kann er aber belichtungsverändernde Faktoren wie Filter, Telekonverter, Zwischenringe usw. nicht einberechnen. Diese muss man nachträglich noch einkalkulieren, was wieder recht knifflig werden kann. Ein Belichtungsmesser in der Kamera macht das automatisch, denn er misst durch alle Elemente, die die Belichtung beeinflussen. Eine Graukarte ist auch wesentlich billiger und leichter als ein Handbelichtungsmesser.

Eine weitere Alternative ist eine Art diffus grauer Objektivdeckel mit einer genau dosierten Lichtdurchlässigkeit. Man setzt den Deckel auf das Objektiv, richtet die Kamera zur Lichtquelle und misst damit dann das Umgebungslicht. Es ist also eine Kombination aus TTL-Messung und Lichtmessung. Ein solcher Deckel ist sicherlich billiger und genauer als ein Handbelichtungsmesser. Dennoch halte ich diese Konstruktion gerade im Makrobereich für nicht praktikabel. Dort richtet man die Kamera zuerst sorgfältig zum Motiv aus, kümmert sich um Komposition, Schärfe, Schärfentiefe, Ausleuchtung, Perspektive usw. und müsste dies alles wieder zunichtemachen, nur um die Belichtung zu messen.

Nachteile

Ein Problem sowohl von Graukarte als auch von Handbelichtungsmessern ist, dass sie immer nur das Licht in der Nähe des Fotografen messen können. Wenn das Motiv weit entfernt ist („schneebedeckter Berggipfel”), dann kann man sich wieder nur auf seine eigene Erfahrung verlassen und mit Belichtungskorrektur und Belichtungsreihen versuchen, ein optimales Ergebnis zu erreichen.

Beide Methoden brauchen auch Zeit. Wenn es besonders schnell gehen muss, dann dürfte eine Belichtungsreihe die bessere Wahl sein.